Dimitrij Kotschnew: Dauerbrenner im DEB-Team
Es war vier Jahre lang ein sportliches und privates Abenteuer, das der 31jährige in Russland erlebte. Aufgrund seines Geburtsortes zählte Kotschnew bei seinen Klubs Spartak Moskau, Lokomotive Jaroslawl und Atlant Mytischtschi nicht als Ausländer. Dass in der aufstrebenden Liga höhere Gehälter gezahlt werden als in der Deutschen Eishockey Liga (DEL), ist kein Geheimnis. Sportlich wie finanziell gilt die KHL nach der NHL als zweitstärkste Liga der Welt. Eigentlich, so sagt Kotschnew, wollte er nur zwei Jahre in Russland spielen. Doch dank seiner starken Leistungen wurden andere Klubs auf ihn aufmerksam.
Bis auf seine letzte Saison in der KHL war er zumeist Stammtorwart. Dass „Dimi“ am Ende häufig auf der Bank saß, hatte weniger sportliche Gründe: Sein Konkurrent, der russische Nationalkeeper, hatte quasi eine Stammplatz-Garantie. Dennoch bereut Kotschnew den Schritt nach Russland nicht eine Sekunde. „Es war toll, die Sprache und die Kultur meiner Kindheit aufzufrischen. Ich habe zudem gesehen, dass ich in der Liga mithalten kann. Aus dieser Zeit habe ich wahnsinnig viel gelernt“, resümiert er.
Aber, und das ist leider auch ein Teil seiner Geschichte: Kotschnew musste auch mit einem Schicksalsschlag fertig werden. Im September 2011 stürzte das Flugzeug des Eishockey-Teams von Lokomotive Jaroslawl ab, nur wenige Monate nachdem der Torhüter den Verein verlassen hatte. Viele seiner ehemaligen Teamkollegen, darunter Nationalspieler Robert Dietrich, kamen auf tragische Art und Weise ums Leben.
„Solch ein Unglück kann überall passieren. Es waren eher die sehr langen Reisen zu Auswärtsspielen, die nicht wirklich Spaß gebracht haben. Aber auch das war eher ein Randaspekt“, so der 31jährige, der seine Karriere 2000 bei den Hamburg Crocodiles in der dritten Liga begann. So gesehen war der Wechsel zurück in die Hansestadt fast schon eine logische Konsequenz.
Kotschnew lagen auch Angebote anderer Klubs vor, doch als die ersten Gespräche mit den Freezers begannen, musste er nicht lange überlegen, wohin seine Reise führen sollte. „Die Freezers sind ein sehr guter Klub mit Ambitionen. Das gefällt mir. Seit knapp drei Jahren wird hier auf Kontinuität gesetzt. Die Verantwortlichen haben ein gutes Händchen bei Transfers bewiesen“, sagt der ehrgeizige Torhüter.
Gemeinsam mit Niklas Treutle bildet der Nationaltorwart mittlerweile sogar eines der stärksten Duos der DEL. Dass er allerdings nicht konkurrenzlos die unangefochtene Nummer eins ist, musste Kotschnew im Saisonverlauf erst noch lernen. Ein übereifriger TV-Reporter wollte sogar erfahren haben, dass er aufgrund seiner kurzzeitigen Reservistenrolle um eine Vertragsauflösung gebeten habe.
Eine Ente, wie Kotschnew nachdrücklich klarstellt: Nicht eine Sekunde habe er an eine Flucht gedacht. Dennoch überraschte ihn der Einfluss der Medien, vor allem der des Boulevards. „In Russland steht eher der Sport selbst im Fokus. Eigentlich ist der Boulevard auch ganz lustig – so lang man selbst nicht betroffen ist“, scherzt „Dimi“.
Abgesehen davon, dass Kotschnew kein Typ ist der wegläuft, wenn es schwieriger wird, ist er auch viel zu sehr Teamspieler, als persönliche Animositäten über das Wohl des Teams zu stellen. „Niklas und ich verstehen uns wirklich gut. Ich hoffe, er sieht es genauso. Aber ich bin grundsätzlich kein fieser Mensch“, grinst Kotschnew und ergänzt: „Es ist doch gut für uns alle, wenn Spieler ehrgeizig sind. Wenn dem nicht so wäre, wäre es doch schlimm.“
Wie lange der Torhüter noch in Hamburg spielen wird, ist indes noch nicht endgültig geklärt. Es ist kein Geheimnis, dass die Freezers liebend gerne mit dem Nationalkeeper verlängern würden. Erste Gespräche haben bereits stattgefunden. Kotschnew selbst will sich nicht an Spekulationen beteiligen. „Wenn es etwas zu vermelden gibt, werden wir das auch tun“, sagt Hamburgs Nummer 30. Sein Fokus liegt einzig und allein auf dem sportlichen Erfolg. Ein Aspekt, den die Hamburg Freezers im bisherigen Saisonverlauf durchaus erfüllen. Nicht zuletzt aufgrund einer starken Defensive.
„Der Erfolg basiert auf jedem einzelnen Spieler. Zudem ist Benoît Laporte ein Coach, der sehr viel Wert auf Disziplin legt. Aber was vor allem wichtig ist: Wir haben richtig gute Typen in der Kabine“, sagt Kotschnew, der betont, an jedem Tag mit einem Lächeln zum Training in die Volksbank Arena zu kommen. Schaut man sich die Leistung des Schlussmannes und die Entwicklung des Teams an, spricht eigentlich nichts dagegen, dass er dies auch in den kommenden Spielzeiten tun wird - und eben auch in Sotschi dabei ist. Dann wäre Deutschland für die Olympischen Spiele qualifiziert. Das erklärte Ziel aller Nationalspieler, besonders das von Kotschnew.