Die Lage der Liga: Kein Bestandsschutz für Favoriten
Einmal Wolke Sieben und zurück - und das mit harter Landung: Nichts beschreibt wohl treffender die emotionale Achterbahn-Fahrt, auf die die Fans der Iserlohn Roosters von ihrem Team am vergangenen DEL-Wochenende geschickt wurden. Dabei zeigen das gloriose 6:1 vom Freitag gegen Tabellenführer Kölner Haie und das ernüchternde 2:6 bei Schlusslicht Düsseldorfer EG keine 48 Stunden darauf vor allem eines überdeutlich: Vermeintliche Favoriten genießen in der DEL derzeit keinen Bestandsschutz.
Neun Spieltage vor Beginn der Playoffs ist die DEL mitten in der heißen Saisonphase angekommen, wird von (fast) gleichwertigen Teams mit Haken und Ösen gekämpft, entscheidet oft nur das letzte Quäntchen Glück - oder der Videobeweis. Wie in München, wo sich Tabellenführer Köln nach der 1:6-Demontage im Sauerland erstaunlich gut erholt präsentierte und sogar lange in Führung lag.
Erst im Schlussdurchgang gelang den aufopferungsvoll kämpfenden Bullen, deren sportlicher Leiter Christian Winkler im Vorfeld angekündigt hatte: \"Wir lassen unser Herz heute auf dem Eis\", der Ausgleich. Nach der Overtime, in der die Haie zwei Minuten in Unterzahl schadlos überstanden, kam es zum Shootout, der kurioserweise mittels Videobeweises sein Ende fand. Der harte Schuss von Kölns Nationalstürmer Philip Gogulla schlug zwar oben rechts ein, prallte aber zurück: Nicht ersichtlich für das bloße Auge, ob der Puck die Linie gekreuzt hatte.
So mussten die Münchner Fans noch eine bange Minute überstehen, ehe das Fünf-Punkte-Wochenende vom Schiedsrichter nach Durchsicht des Videomaterials offiziell gemacht wurde. Schon zwei Tage zuvor waren die Oberbayern an einer Partie beteiligt, die in die Analen der 19. DEL-Saison eingehen dürfte: Bei den Krefeld Pinguinen feierte der EHC ein denkwürdiges 7:6 und den Auftakt eines Wochenendes, das die Münchner auf den begehrten zehnten Playoff-Platz führte.
EHC-Geschäftsführer Claus Gröbner hätte das Klassement am liebsten sofort schockgefrostet. Vor allem deshalb, weil der bayerische Rivale aus Augsburg aktuell Siebter ist - was gleichbedeutend mit dem Aufeinandertreffen beider Teams und einem attraktiven Derby in der ersten Playoff-Runde wäre.
Dass die Haie mit der Ausbeute von einem mageren Pünktchen noch immer Spitze sind, verdanken sie indes maßgeblich Rekord-Champion Eisbären Berlin, der am Freitag durch ein cleveres 4:3 bei den Adler Mannheim zu alter Stärke gefunden zu haben schien, zwei Tage darauf aber wieder - wie so oft in dieser Saison nach einem Erfolgserlebnis - patzte. Ingolstadt, das 14.100 enttäuschte Eisbären-Fans in der O2 World zurückließ, scheint sich im Hauptrunden-Schlussspurt wieder zu fangen. Mit Hamburg und Berlin bezwangen die Panther gleich zwei Top-Teams in Folge, sind im Rennen um die Playoffs plötzlich wieder überaus präsent - aber längst nicht durch!
Zu dicht sind die Team in diesem Tabellenteil gestaffelt. Einen herben Dämpfer auf die Playoff-Teilnahme erlitten die Grizzly Adams Wolfsburg, die daheim mit 2:3 an Krefeld scheiterten: Sechs Zähler Rückstand auf Rang zehn sind ein Wort. Zumal sich kein Team auf der Ziellinie eine Blöße geben will. Das gilt selbstverständlich auch für das abgeschlagene Schlusslicht Düsseldorfer EG, dessen Coach Christian Brittig klar signalisiert: \"Wir werden keinen Punkt kampflos hergeben.\"
Einen traurigen Beigeschmack erhielt das DEL-Wochenende indes durch den tragischen Tod eines Fans des EHC Red Bull München. Unmittelbar vor der Partie hatte er einen Herzinfarkt erlitten. Auch sofort eingeleitete Rettungsmaßnahmen konnten den Tod des Fans nicht mehr verhindern, der auf dem Weg ins Krankenhaus verstarb. Die betroffene Münchner Fan-Gemeinde gedachte des Toten nach dem Spiel mit einer Schweigeminute.