Tacheles - Die Kolumne
Wenn ich genau darüber nachdenke, dann überwiegt natürlich auch die Freude über das Erreichte. Diesen Abschluss mit genau 1000 Spielen für meinen Club Eisbären Berlin gekrönt mit der 6. Meisterschaft – das ist einfach nicht zu toppen. Von daher bin ich heute wirklich froh. Ich habe alles erlebt, was man sich als Profisportler wünschen kann. Ich war bei Olympia, habe an Weltmeisterschaften teilgenommen, Länder bereist und habe Meisterschaften gefeiert. Doch ich werde auch nicht vergessen, wie alles angefangen hat. Wie schwer die Anfangsjahre in Berlin waren. Wie sehr die Fans gelitten haben, als es finanziell alles andere als gut aussah. Es gab Zeiten, da wusstest du nicht, ob am nächsten Tag beim Training das Licht in der Halle angeht, weil der Strom nicht bezahlt wurde. Das alles gehörte auch dazu. Umso glücklicher bin ich, dass es sich im Laufe der Jahre in genau die andere Richtung gedreht hat. Das alles habe ich aktiv miterleben dürfen.
Und das haben besonders auch die Eisbären-Fans miterlebt. Für unsere Anhänger waren das auch sehr emotionale Zeiten. Aber, und da bin ich heute noch stolz drauf, sie haben immer mitgezogen. Haben mitgelitten und mitgefiebert. Die Unterstützung hat über die Jahre gehalten. Ich durfte im Laufe meiner Karriere viele Fans kennen lernen. Da merkt man auch als Profi, wie viel Herzblut die Fans in den Club stecken. Das war und ist noch heute wirklich beeindruckend.
Es gibt so viele Dinge und Erlebnisse, an die man sich heute gerne zurückerinnert. Besonders bei den Auswärtsspielen. In Augsburg zum Beispiel war ich – sagen wir – nicht gerade der Publikumsliebling. Und wenn ich an Augsburg denke, dann denke ich gleichzeitig auch an aufkommenden Schneesturm mitten im Spiel. Aber dort ist das Publikum ja auch völlig eishockeybegeistert. Daher habe ich dort gerne gespielt. Genauso wie damals im Mannheimer Friedrichspark. Da herrschte auch immer eine geile Atmosphäre. Auch in Iserlohn war es immer heiß. Gerne erinnere ich mich auch an die Kölner Lentstraße oder auch die Krefelder Rheinlandhalle zurück. Das lauteste Spiel meiner Karriere war aber vermutlich das 2. Finalspiel im Jahre 2006 an der Düsseldorfer Brehmstraße. Da hast du auf der Bank versucht, mit deinem neben dir sitzenden Teamkameraden zu sprechen, aber der hat nix verstanden. Eine Wahnsinns-Atmosphäre. Es war das letzte Match an der Brehmstraße. Danach sind wir bekanntlich Meister geworden.
Wenn man so lange bei einem Club war wie ich, dann polarisiert man natürlich. In den letzten Jahren hatte ich die Ehre, auch das Gesicht der Eisbären zu sein und viele öffentliche Termine wahrzunehmen. So ähnlich wie der „Lüde“ in Köln oder „Schnitzel“ in Düsseldorf. Das macht man dann natürlich auch gerne, weil man nicht nur den eigenen Club, sondern auch den Eishockeysport an sich nach vorne bringen möchte. Auch über die Stadtgrenzen hinaus. So etwas funktioniert nur, wenn man im Club viele gute Spieler hat, die sich mit der Organisation und den Zielen der Mannschaft identifizieren. Einer alleine kann da nichts ausrichten. Ich hatte das Glück, dass wir in Berlin solche Jungs haben und hatten. Jungs, die auch über den Tellerrand hinausschauen und unseren geilen Sport voranbringen möchten. Dazu zähle ich neben den Spielern auch so Leute wie Hans Zach, Harry Kreis, Mike Schmidt, Münchens Manager Christian Winkler oder einen Doug Mason, um nur einige Namen zu nennen.
Ich bin der Ansicht, dass die Eisbären auch weiterhin eine gewichtige Rolle in der DEL spielen werden. Die Erfolgsgeschichte wird fortgesetzt. Wenn man alleine mal solche Jungs wie Tine Braun, Jens Baxmann, Florian Busch oder André Rankel nimmt, dann erkennt man schon ganz gut, dass es auch eine neue Generation geben wird, die den Eisbären ein Gesicht geben. Ganz zu schweigen von denen, die da noch nachkommen. Ich werde das mit Wohlwollen verfolgen. Mein Vertrauen haben sie jedenfalls.
Für mich selber steht nun ein neuer Lebensabschnitt bevor. Wie und in welcher Rolle, das wird sich zeigen. Ich werde bei den Eisbären zumindest überall mal reinschnuppern und mir ein genaues Bild von der Arbeit hinter den Kulissen machen. Werde ich das aktive Eishockey vermissen? Ja, das bestimmt. Am meisten vermutlich das ganze Gesabbel in der Kabine. Was man da in den Jahren alles gehört hat, wie oft man Tränen lachen musste, was man da auf die Ohren bekam – es war der Wahnsinn. Das können manche Leute so gar nicht nachvollziehen, welch unfassbare Verbalattacken in so einer Eishockey-Kabine losgelassen werden. Normalerweise macht man da ja bei sowas sofort mit – das kann ich jetzt nicht mehr machen. Nun muss ich schon aufpassen, was ich sage.
Worauf ich mich freue, ist das Abschiedsspiel. Wo und wann das stattfinden wird, das werden wir in den kommenden Wochen entscheiden. Man muss ja auch einen geeigneten Termin finden, an dem es für die alten Wegbegleiter am besten einzurichten ist. Wer alles zu dem Spiel kommen wird, steht ebenfalls noch in den Sternen, aber es dürften viele Bekannte und Freunde sein. Apropos Freunde: Ich nehme den Ball aus dem del.org Interview vom „Ulle“ auf finde ebenfalls, dass sich aus Eishockey-Freundschaften auch private Freundschaften ergeben. Eine schöne Sache. Und dem „Ulle“ kann ich damit auch hiermit schon mal ankündigen, dass er zu meinem Abschiedsspiel den „weiten Weg aus Mannheim nach Berlin“ antreten muss…
Liebe Fans, ich möchte nun diese Gelegenheit nutzen, um mich von euch zu verabschieden. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, hier bei „Tacheles“ etwas über die bunte (und interne) Welt des Eishockeys berichten zu können. Und ich möchte mich bei euch allen bedanken. Mir ist bewusst, dass ich außerhalb Berlins vielleicht nicht überall der große Sympathieträger gewesen bin. Aber welcher Gegner ist das schon? Doch gerade vielleicht deswegen haben mir die Spiele in fremden Stadien immer viel Spaß gemacht. Und auch ich habe viel für mich persönlich dadurch mitnehmen können. Dadurch reift man, dadurch wird man auch als Spieler kompletter, dadurch sammelt man unbezahlbare Erfahrung. Das gehört alles dazu. Und auch daran werde ich mich im positiven Sinne immer erinnern. Dafür danke ich euch.
Danke an alle Eishockey-Fans. Egal wo, es war immer super mit euch da draußen!
Wie sehen uns.