Jürgen Arnold im Interview
Herr Arnold, wieder einmal liegt ein ereignisreicher Sommer hinter der DEL. Was war für Sie die erfreulichste Nachricht - der Abschluss des neuen TV-Vertrages mit ServusTV und die damit verbundene Rückkehr ins Free-TV oder die Tatsache, dass nach einem doch insgesamt schwierigen Lizenzierungsverfahren am Ende alle 14 Clubs wie bisher die Lizenz für die neue Spielzeit erhalten haben?
Jürgen Arnold: „Der neue TV-Vertrag ist natürlich für uns von überragender Bedeutung. Taktisch, weil wir unseren tollen Sport nun wieder einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen können. Und strategisch, weil er zeigt, dass die „Marke“ DEL eine hohe Strahlkraft hat und wir uns davon natürlich auch ein gesteigertes Interesse weiterer Sponsoren für das Eishockey erhoffen.
Das Lizenzierungsverfahren würde ich nicht grundsätzlich als schwierig bezeichnen. Dass das Ganze etwas gedauert hat, zeigt, dass wir uns das Verfahren nicht leicht machen und die Hürden durchaus hoch setzen. Da muss man auch nachfragen dürfen, wenn nicht alles gleich beim ersten Mal klar ist. Genau deshalb gibt es für solche Fälle auch ganz klar im Lizenzierungsverfahren fixierte Fristen. Uns ist wichtig, dass wir Lizenzen nach bestem Wissen und Gewissen Clubs geben, die dann die nächste Saison auch problemfrei durchspielen können.“
Bleiben wir kurz beim neuen Medienpartner ServusTV und dem neuen Vertrag: Können Sie kurz aus Ihrer Sicht die Dimension des neuen Kontraktes für die Liga und die Clubs aufzeigen und zudem kurz die damit verbundenen Hoffnungen erläutern?
Arnold: „Ich tue mich immer etwas schwer damit, einen Sport wie den unseren als \"Produkt\" zu bezeichnen. Dafür spielen Emotionen eine viel zu große Rolle. Aber wenn ich es mal tue, dann dokumentiert das, dass das Produkt \"DEL\" einen sehr hohen Stellenwert für unsere Partner hat. Und das zurecht. Schließlich rangiert Eishockey in der Zuschauer-Gunst direkt nach dem Fußball in Deutschland auf Rang zwei. Unsere neuen Partner The Sportsman sowie ServusTV und LAOLA1.tv sehen dies ebenso und setzen unseren Sport bewusst beim Marktangang in Deutschland als Zugpferd ein. Das macht uns natürlich auch stolz.
Wir erhoffen uns durch unsere neuen Partner die Erschließung einer ganz neuen zusätzlichen Klientel, eines Kundenkreises, der sich bis dato noch nicht derart intensiv mit dem Eishockey befasst hat. Dafür werden sich ServusTV und LAOLA1.tv eine Menge von technischen und redaktionellen Innovationen einfallen lassen, die die Dramatik, die Emotion unseres Sports noch besser transportieren. Zudem erhoffen wir uns natürlich auch vom Marketing dieser in Deutschland relativ neuen Medienpartner in Sachen Cross-Promotion einen deutlichen Aufwind.“
Auch zum Thema Lizenzierung wollen wir nochmals nachhaken: Nachdem über viele Wochen hinweg die „Problemkinder“ Düsseldorf, Hannover und München die Fans in Atem gehalten hatten, musste am Ende offensichtlich Wackelkandidat Krefeld zittern. Bedeutet dies, dass die Liga einige Patienten mitschleppt?
Arnold: „Ganz klar: Nein! Das Lizenzierungsverfahren ist hochkomplex, das muss sehr gewissenhaft und nach eindeutigen Regeln umgesetzt werden. Wenn es Nachfragen zu einzelnen Punkten gibt, greift man nicht einfach mal zum Telefon und dann ist die Sache erledigt. Da unterliegen wir auch rechtlichen Vorschriften. Ich bin sehr zufrieden über die Art und Weise, wie das Ganze in diesem Jahr über die Bühne gegangen ist: Nämlich äußerst verantwortungs- und problembewusst.“
Lassen Sie uns an dieser Stelle vielleicht kurz über die Etats der einzelnen Clubs reden. Täuscht der Eindruck oder steht eine Art Zweiteilung der Liga bevor. Auf der einen Seite sehr potente Clubs wie Berlin, Mannheim, Hamburg, Ingolstadt, Nürnberg, Köln oder Wolfsburg und auf der anderen Seite die vermeintlich Kleinen wie Straubing, Iserlohn, Krefeld, München, Düsseldorf, Hannover oder Augsburg. Oder anders gefragt: Hat das Ungleichgewicht bei der Geldrangliste zur Folge, dass es die sportliche Ausgeglichenheit in der bisherigen Form bald nicht mehr geben wird?
Arnold: „Klar ist, es wird immer Clubs geben, deren Einnahmen-Situation besser ist als die von anderen. Klar ist auch, dass Geld im Profi-Sport keine Tore schießen kann, genauso, dass Geld nicht alles ist. Wenn ich mir die aktuellen Spieleretats bei den einzelnen Clubs so anschaue, lässt sich feststellen, dass es neben einer relativ kleinen Spitze ein sehr breites Mittelfeld gibt. Das heißt, sehr viele Mannschaften liegen auf Augenhöhe. Wir hatten zuletzt zwei Jahre mit einer ungeheuren sportlichen Ausgeglichenheit in der Liga. Und ich sehe nicht, warum sich das plötzlich ändern sollte.“
Werfen wir einen Blick auf die Transfers dieses Sommers. Es ist auffällig, dass die Top-Transfers wieder einmal ausgeblieben sind. Es ist bekannt, dass die wirklich guten Spieler entweder gleich in Nordamerika bleiben, oder aber in die KHL oder die NLA in die Schweiz gehen. Auch schwedische und finnische Top-Clubs zahlen offenbar viel mehr als deutsche Vereine. Wäre es unter diesen Gesichtspunkten nicht sinnvoller, die Ausländerstellen noch weiter zu reduzieren, um sozusagen mehr Geld für wenige aber sehr gute Kontingentspieler zu haben? Oder befürchten Sie, dass dadurch die Preisspirale bei den deutschen Spielern noch weiter nach oben geht?
Arnold: „Es ist durchaus richtig, dass in Russland, der Schweiz und auch in Schweden oder Finnland höhere Gehälter gezahlt werden. Das mag aber auch an der unterschiedlichen Besteuerung und Finanzierungsmodellen des Profisports in diesen Ländern liegen. Aber: Wenn ich mir Zugänge wie die beiden Nationaltorhüter Dennis Endras und Dimitrij Kotschnew oder langjährige NHL-Spieler wie Doug Janik oder Duvie Westcott - um nur einige zu nennen - so anschaue, so haben durchaus spektakuläre Akteure den Weg in die DEL gefunden. Man sollte auch nicht vergessen, dass viele Clubs mit relativ bescheidenen Mitteln immer wieder sehr, sehr gute Spieler verpflichten. Zum zweiten Aspekt Ihrer Frage: Die DEL-Clubs haben in dieser Saison ihr Ausländerkontingent wieder um eine auf neun Stellen reduziert. Grundlage für eine weitere Reduzierung dieses Kontingents muss aber der konsequente Ausbau der Nachwuchsarbeit sein. Dies wiederum kann nur maßvoll und in kleinen Schritten erfolgen, weil sonst u.a. auch die Preise für die deutschen Akteure entgegen des wirklichen Marktwertes über Gebühr steigen würden.
Stichwort Nachwuchs: Aufgrund fehlender Ausgleichszahlungen an Ausbildungsvereine, wird immer wieder die mangelnde Nachwuchsförderung vieler DEL-Clubs kritisiert. Welche konkreten Maßnahmen kann die Liga ergreifen, um in diesem Punkt mehr Effektivität zu erlangen. Wie man hört, werden in diesem Jahr erstmals „Strafzahlungen“ gegen Clubs ausgesprochen, die entsprechend früherer Vereinbarungen bislang mit ihren Nachwuchsteams nicht die entsprechenden Qualifikationen erreicht haben?
Arnold: Eine institutionalisierte Nachwuchsarbeit ist Voraussetzung für den Erhalt der DEL-Lizenz. Jeder DEL-Club muss Kooperationen mit Mannschaften die am Spielbetrieb des DEB bzw. des jeweiligen LEV in den Altersstufen Kleinstschüler (U10), Kleinschüler (U12), Knaben A (in Bayern Knaben A oder B) (U14), Schüler-Bundesliga und DNL teilnehmen, nachweisen. Zusätzlich sind Anfängergruppen (Laufschule, Bambini) anzubieten. Natürlich sind für Clubs, die sich daran nicht halten, Sanktionen vorgesehen. Diese orientieren sic
Arnold: „Von einer Phalanx Mannheim/Berlin zu sprechen, halte ich für verfrüht, auch wenn diese beiden Mannschaft immer zum Kreis der Titelanwärter zählen. Auch Nürnberg, Köln, Hamburg und Ingolstadt haben sich auf dem Papier gut verstärkt. Aber im Sport ist immer alles möglich, das hat man in den letzten Jahren immer wieder gesehen. Das ist auch gut so, denn Überraschungen sind das Salz in der Suppe.“
Und zum Schluss: Was wünscht sich der Vorsitzende des DEL-Aufsichtsrates für die neue Saison?
Arnold: „Hochklassigen Sport, tolle Stimmung, viele Zuschauer in den Arenen und vor den Bildschirmen und damit verbundene Quoten, die der Sportart helfen, noch mehr in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden.\"
Quelle: Eishockey News DEL-Sonderheft 2012/2013